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“Umbra grünlich ⁄ ...”
 
Der achtteiligen Malerei “Umbra grünlich ⁄ ...” kommt im Werk Claudia Desgranges’ die Bedeutung eines Scharniers zu. Es markiert den Übergang vom bis 2003 geltenden Prinzip der sich durch und in der Malerei sichtbar vollziehenden Begegnung und Durchdringung von zwei Farben, hin zur Mehrfarbigkeit der meist horizontal erstreckten “zeitstreifen”. “Umbra grünlich ⁄ ...” besteht aus acht schmalen, hoch aufragenden Aluminiumtafeln, die durch ihr Format besonders die Höhe des umgebenden Raumes betonen. Diese stehen an der Wand lehnend auf dem Boden, sind durch ihre Wand und Boden verbindende labile Platzierung Bilddinge, auf den Raum bezogene Objekte, mit ihm verbunden, auch durch den Raum zwischen den Teilstücken. Ihre für jede Installation neu zu findende Anordnung stimmt die Künstlerin auf die konkreten Bedingungen des Ortes – Architektur, Lichtverhältnisse, Werknachbarschaften etc. – ab. Ziel aller bislang realisierten Varianten ist ein sowohl vielfältige Farbspannungen als auch ein wohlerwogenes Gleichgewicht der Teile stiftendes Arrangement. Gleichwohl entwickelt die Arbeit an und mit jedem Ort andere Facetten: Flirrend und vital, gesteigert präsent zeigen sich die Farben bei geringem Abstand zwischen den Einzelbildern. Weiter auseinandergezogen gewinnt “Umbra grünlich ⁄ ...” kontemplative Züge, der Blick gilt der Entfaltung der Farbpaarungen, während die Platzierung über Eck mit ihrem Richtungswechsel besonders die Verbindung mit dem Raum und die Bewegung des Betrachtens betonen.
“Umbra grünlich ⁄ ...” ist eine malerische Versuchsanordnung bei der Bildformat und Materialien, der Malakt und das Umbra grünlich, als Konstanten fungieren, die mit der Variablen der acht verschiedenen, intuitiv ausgewählten weiteren Farben in Beziehung treten. Die zwei jeweils aufeinander treffenden Farben wurden zunächst in zwei parallel verlaufenden vertikalen Bahnen nebeneinander gesetzt. Anschließend wurden die feuchten Farben mit breitem Pinsel in horizontalen Bahnen zügig miteinander vermalt. Dieses Ineinanderziehen gliedert die einzelnen Tafeln, suggeriert eine senkrechte Spiralbewegung. Zugleich verbindet diese Struktur die acht Werkteile durch die Option einer horizontalen, Bild übergreifenden, Beziehungen erschließende Sehweise miteinander, die die prima vista dominierende Vertikalität der Arbeit ausbalanciert.
Gleich einem ostinaten Grundton begleitet das zurückhaltende Umbra grünlich die verschiedenen, vergleichsweise leuchtstarken Farben. Jeweils einmal in Erscheinung tretend, werden sie als koloristische Hauptstimmen in ihrer Brillanz noch gesteigert durch den in jeder der acht Farbbegegnungen anders nuancierten Erdton, der seinerseits in immer wieder anderer Weise seine Nachbarfarben modifiziert. All dies registrierend gerät das Sehen unwillkürlich in ein Hin und Her, vergleicht, gerät in Bewegung. Betrachten und körperliches (Re)Agieren verschränken sich, erst ihre Durchdringung erschließt den Bild–Farben–Raum dieser Arbeit.
 
Jens Peter Koerver